Positionspapier der JDAV
Junge Menschen sind immer häufiger und stärker von psychischen Belastungen betroffen (1). Diese Entwicklung wird überwiegend auf gesellschaftliche Veränderungen, zunehmenden Leistungsdruck und das Aufwachsen in multiplen Krisen, wie Covid-19 und der Klimakrise, zurückgeführt.
Die Jugendverbandsarbeit der JDAV trägt selbst zur Gesundheit junger Menschen bei. Durch den Anschluss an ihre Peer-Gruppe im Verband sowie sportliche Aktivitäten und Erlebnisse in der Natur werden Kinder und Jugendliche in ihrer Resilienz gestärkt. Die Berge sind zudem ein wichtiger Ort der Freiheit und des persönlichen Wachstums. Die zunehmenden Herausforderungen bei der Bewältigung psychischer Belastungen sind und werden auch in der JDAV immer sichtbarer. So kommen unsere Ehren- und Hauptamtlichen immer häufiger mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt, deren mentale Gesundheit teilweise stark beeinträchtigt ist. Dies führt zu zusätzlichen Anforderungen an die Jugendarbeit im Verband. Neben diesen Belastungen durch das Ehrenamt nimmt auch die Belastung im privaten Umfeld der Jugendleiter*innen zu.
Die JDAV sieht daher dringenden Bedarf, den psychischen Herausforderungen junger Menschen eine höhere Gewichtung zu geben und bessere Unterstützungsmaßnahmen einzurichten. Diese Forderungen wurden durch einen entsprechenden Beschluss (Mentale Gesundheit - Kinder und Jugendliche überwinden emotionale Berge) der Bundesjugendversammlung untermauert. In unserem Angebot haben wir erweiterte Präventionsangebote geschaffen. Gleichzeitig arbeiten wir daran diese Maßnahmen zur Unterstützung unserer Mitglieder auszuweiten.
Wir fordern als JDAV wesentlich mehr Engagement sowie eine progressive Haltung von Politik und Gesellschaft gegenüber den Belangen von Kindern und Jugendlichen. Häufig werden mentale Beeinträchtigungen stigmatisiert, heruntergespielt und die Ursachen individualisiert. Dabei geht es keineswegs um ein Anpassungsproblem. Wir sehen in der zunehmenden Krankheitslast eine natürliche Reaktion auf gesellschaftliche Strukturen und Krisen. Politische Akteur*innen müssen erkennen, dass psychische Erkrankungen ein systemisches Problem sind. Wir fordern konkrete Lösungen sowohl für die Überwindung der Ursachen als auch für deren Folgen. Dazu gehört eine verbesserte Teilhabe junger Menschen, die Schaffung von selbstbestimmten Freiräumen in Bildung und Freizeit, sowie
den gezielten Einsatz für Risikogruppen und von zunehmender Diskriminierung betroffenen Minderheiten. Der zunehmende Erfolgsdruck muss beendet werden. Die Folgen aktueller und künftiger Krisen dürfen nicht weiter auf den Schultern nachkommender Generationen ausgetragen werden. Stattdessen müssen die Lebensrealitäten junger Menschen in politischen Entscheidungen stärker berücksichtigt werden und zu einem nachhaltigen gesellschaftlichen Wandel führen. Die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen muss beendet werden.
Ebenso nehmen Belastungen im Alltag junger Menschen zu. Die Verdichtung von Lehrinhalten in Schule und Studium, finanzielle Unsicherheit aufgrund geringer oder fehlender Ausbildungsvergütung und Studium führen zu Leistungsdruck und Stress. Hier braucht es konkrete Entlastungen und weitere finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten für junge Menschen in Schule, Ausbildung und Studium.
Wir fordern flächendeckend mehr niedrigschwellige Angebote für die vielfältigen Lebensrealitäten aller jungen Menschen. Insbesondere junge Erwachsene am Übergang zur Volljährigkeit dürfen nicht durch das Raster des Versorgungssystems fallen. Es braucht somit auch mehr Psychotherapieplätze und folglich mehr staatlich vorfinanzierte Ausbildungsplätze für Therapeut*innen. Da Jugendverbände wesentliche Beiträge zur mentalen Gesundheit leisten, schlagen wir zudem vor, Vereinsmitgliedschaften von Kindern und Jugendlichen finanziell stärker zu unterstützen.
Beschlossen durch den Bundesjugendausschuss am 17. November 2024.
Fußnoten:
(1) Vgl. 17. Kinder- und Jugendbericht Kap. 2.2.1. 6 (S. 168)