Die Vision der JDAV von den Alpen im Jahr 2050

Die Pfälzer Hütte im Abendlicht Foto: JDAV/ Daniel Sautter

Der Klimawandel bedroht uns schon jetzt

Der Klimawandel führt zu zahlreichen offensichtlichen Veränderungen in den Bergen. Sowohl im Naturraum als auch in der menschlichen Nutzung ist der Wandel schon spürbar und wird sich weiter verstärken. Schon jetzt bestehende Diskussionen und Nutzungskonflikte werden daher weiter an Bedeutung gewinnen. Damit stehen auch die Alpenvereine vor der Herausforderung, wie sie auf die Veränderungen insbesondere im hochalpinen Gelände reagieren.

Die JDAV sieht diese Gefahrt und hat deshalb auf der Bundesjugendversammlung 2023 nachfolgendes Positionspapier verabschiedet.

JDAV-Positionspapier „Die Alpen im Jahr 2050: Visionen für eine nachhaltige Nutzung des Naturraums“

Was wir sehen: Die Alpen verändern sich rasant. Im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ist die Temperatur im Alpenraum um 2 Grad höher – Tendenz steigend, noch kein Ende in Sicht. Dies führt zu tiefgreifenden Veränderungen des Naturraumes: Gletscher schmelzen ab und werden bis Ende des Jahrhunderts fast vollständig verschwunden sein. Damit einher geht der Verlust des Permafrostes, der ganze Gebirgszüge destabilisiert. Höhere Temperaturen sorgen für schneeärmere Winter. Geringere Niederschläge im Sommer sowie die abschmelzenden Gletscher führen zu einer zunehmenden Wasserknappheit in dieser Jahreszeit. Angepasste Tier- und Pflanzenarten sind auf dem Rückzug nach oben, von unten ergrünen ehemals vegetationslose Flächen.

Zunehmend verändert sich auch die menschliche Nutzung. Neue Speicherseen werden gebaut, und auch durch den Ausbau der erneuerbaren Energien steigt der Druck auf den Alpenraum. Skigebiete wandern immer weiter nach oben, künstliche Beschneiung ist Standard. Wege müssen aufgrund von Extremwetterereignissen immer häufiger repariert und verlagert werden oder werden gleich ganz aufgegeben. Hochgebirgshütten stellen den Betrieb ein, da sie im Sommer kein Wasser mehr haben. Klassische Routen werden immer gefährlicher, leichte Gletschertouren gibt es kaum noch.

Die Veränderung der Naturräume und ihrer Nutzung macht auch vor den Mittelgebirgen keinen Halt. Der Wald steht zunehmend durch Trockenheit, Monokulturen, touristische Nutzung und einem Rückgang des Naturbewusstseins unter Stress. Dies beschleunigt die Zerstörung des Naturraums.

Schon jetzt müssen wir uns die Frage stellen: Wie reagieren wir auf diese Veränderung?

Um die Berge als einzigartigen Naturraum mit seiner hohen Artenvielfalt zu erhalten, müssen wir unser Verhalten anpassen und konsequenten Klimaschutz betreiben. Gleichzeitig ist es notwendig, dass wir uns der Realität mit ihren absehbaren Veränderungen stellen und überlegen, wie wir uns und unsere Aktivitäten daran anpassen.

Was ist dabei unser Bild von den Alpen im Jahr 2050?

Alpine Infrastruktur ist einfach und schlicht. Wir treten ein für Hütten, die sich sowohl in der Bewirtschaftung als auch in der Ausstattung durch Suffizienz und Einfachheit auszeichnen. So können die sich wandelnden Ressourcen geschont werden.

Alpine Infrastruktur, die nicht mehr bewirtschaftbar ist, wird rückgebaut oder vereinfacht. Wir treten dafür ein, Standorte wie Hochgebirgshütten, die durch den Klimawandel immer schwieriger versorgt, bewirtschaftet und erreicht werden können, nicht um jeden Preis zu erhalten, sondern sie rückzubauen und zu prüfen, welche alternativen Lösungen (wie bspw. Biwakschachteln oder Zeltplätze) zum Erhalt der Schutzhüttenfunktion sinnvoll sind.

Gebiete, die an touristischer Attraktivität verlieren, werden nicht durch Infrastruktur verändert. Wir lehnen hoch technisierte Lösungen (wie z.B. Hängebrücken, Skywalks, Erweiterung von Liftanlagen, etc.) als touristische Attraktionen ab.

Biodiversität und unerschlossene Gebiete bleiben erhalten. Der Mensch prägt die Landschaft in den Alpen. Dabei greift er auch durch bauliche Maßnahmen stark in die natürlichen Lebensräume von Tieren und Pflanzen ein. Wir treten für einen höheren Stellenwert der Biodiversität und den Erhalt von unerschlossenen Gebieten im Sinne der Alpenkonvention ein.

Die Energiewende erfordert den Ausbau von erneuerbaren Energien. Wir treten dafür ein, diesen in bereits erschlossenen Gebieten voranzutreiben.

Es gibt ein Recht auf Risiko. Wir wollen, dass Menschen selbstbestimmt und eigenverantwortlich Risiken eingehen können und sich auch in objektiv gefährlicher werdenden alpinen Räumen eigenverantwortlich bewegen dürfen. Dafür ist eine an die neuen Gegebenheiten angepasste Ausbildung nötig sowie ein reflektierter Diskurs zum Thema Risiko und Wagnis.

Größere Wildnis und Abgeschiedenheit bieten Potenzial für neue Naturerlebnisse. Durch schwindende touristische Attraktivität und damit sinkenden Besucherzahlen entstehen mehr Räume, in denen natürliche Prozesse weitgehend unbeeinflusst ablaufen können. So können sich hochalpine Gebiete wieder zu ursprünglicher Natürlichkeit entwickeln und Mittelgebirge Raum zur Regeneration erhalten.

 

Beschlossen von der Bundesjugendversammlung am 13./14.10.2023 in Hamburg.